Wenn Katrin Schedler über Vorarlberger Käse, Riebel und Kässpätzle spricht, beginnt sie zu strahlen. Mit dem Spezialitätengeschäft „Grundbira" hat sie sich ein kleines Stück Vorarlberg mitten im 5. Wiener Gemeindebezirk geschaffen. Der Schritt in die Selbstständigkeit war für die ehemalige Journalistin ein Schritt in die Unabhängigkeit, den sie jederzeit wieder wagen würde. Belohnt wurde ihr Mut mit viel Stammkundschaft und dem Gefühl von Freiheit.
Neun Jahre ist es bereits her, dass Katrin Schedler Vorarlberg gegen Wien getauscht hat. Klassischer Weise für das Studium, wie sie erzählt. Theater-, Film- und Medienwissenschaften waren dabei ein thematischer Sprung zu ihrer Tourismusausbildung. Nach dem Abschluss hat sie dann vor drei Jahren als freischaffende Journalistin ihre Liebe zur Kulinarik ausgelebt. Mit einer großen Portion Neugier ist sie damals durch ganz Österreich gereist und hat, Gasthäuser, Bauernhöfe und Kleinbetriebe besucht und Menschen interviewt. „In der Zeit war ich auch in Vorarlberg unterwegs und habe viele Produzentinnen und Produzenten kennengelernt, damals noch ohne die Absicht, dass ich das einmal ausnutzen werde", erzählt sie mit einem Augenzwinkern.
Die konkrete Idee, diese Kontakte und das Wissen „auszunutzen", hatte sie vor ungefähr eineinhalb Jahren. So sehr ihr das Großstadtleben in Wien gefällt, eines hat ihr immer gefehlt: Die guten Vorarlberger Produkte. „Man ist damit aufgewachsen und Mama und Oma haben es immer so gemacht - da möchten viele die Produkte in Wien auch nicht missen." Bis vor kurzem gab es keinen Ort, wo es diese gesammelt gegeben hat. Doch dann kam Katrin Schedler. Aus der Idee wurden schnell konkrete Pläne und Listen mit Produzenten und Produkten, gefolgt von vielen Gesprächen mit Freunden und Familie. Bei ihrer Entscheidung hat ihr zudem geholfen, dass es eine Renaissance der kleinen Greißlerin von nebenan gibt. „Weil es ehrliche Produkte sind, man kann nachfragen, wo sie herkommen, und die Inhaber erzählen Geschichten über die Produzenten und über die Verwertung. Das wird immer mehr gefragt", erklärt Katrin Schedler die Entwicklung der letzten Jahre.
Ehe sie sich versah, stand sie im August letzten Jahres dann zur Besichtigung in einem leeren Geschäftslokal in der Margartenstraße. Wenig später war klar: Das ist die neue Heimat von „Grundbira". Und weil Katrin Schedler eine Macherin ist, wurden nur zwei Monate später auch schon die Pforten nach Vorarlberg geöffnet. Nun reiht sich im kleinen Verkaufsraum ein Vorarlberger Produkt neben dem anderen. Von Riebel, Gin, Senfsauce, Rässkäse, Wachtelei-Nudeln bis hin zur Bärlauch Paste, kaum ein Wunsch bleibt hier offen. „Ich hab nicht gewusst, wie es ankommen wird, ich bin ins kalte Wasser gesprungen. Genau das hat es so spannend gemacht und es ist nach sieben Monaten immer noch spannend. Ich bin sehr zufrieden, es wird wirklich gut angenommen. Nicht nur von Zugereisten aus Vorarlberg, sondern auch von vielen anderen." Der Käse ist das Zugpferd des kleinen Geschäfts. Alle paar Wochen macht sie sich auf den Weg ins Ländle, besucht Betriebe vor Ort, um neue Ware zu holen, sich auszutauschen und sich selbst ein Bild zu machen. Welche Produkte es schlussendlich nach Wien schaffen, entscheidet sie mit Bauchgefühl und durch Empfehlungen.
Der Erfolg bestätigt die junge Unternehmerin in ihrem Tun, denn zu ihrer Stammkundschaft zählen junge Studierende genauso wie Pensionisten und Pensionistinnen, die wöchentlich vorbeikommen. Vorrangig um sich Butter, Käse oder Riebel abzuholen, zweitrangig aber, um ein wenig zu plaudern. Für Gesprächsstoff sorgt der Name: Grundbira. Was in Vorarlberg niemanden wundert, sorgt in Wien ab und zu für ein großes Fragezeichen. „Unser Dialekt ist einzigartig und exotisch für andere - der Name musste einfach etwas mit Vorarlberg zu tun haben. Ich bin die ganze Liste an möglichen Namen mit Freundinnen durchgegangen und irgendwann ist beim Kässpätzlemachen ‚Grundbira' gefallen", erzählt Katrin Schedler lachend. Da musste sie nicht mehr lange überlegen und ihr Geschäft hat einen Namen bekommen. Jetzt weiß man auch in Wien, dass sich hinter dem geheimnisvollen Namen ein „Erdäpfel" versteckt.
Wenn Katrin Schedler über ihr Unternehmen erzählt, merkt man die Leidenschaft und das Feuer, mit dem sie für ihre Idee brennt. Leicht ist es aber trotzdem nicht immer. Als Ein-Frau-Unternehmen ist sie Dreh-und Angelpunkt von Grundbira. Einkauf. Buchhaltung. Verkauf. Marketing. All das fällt in den Zuständigkeitsbereich der Unternehmerin. Das bedeutet lange Abende über der Buchhaltung, wenig Urlaub und Freizeit. Trotzdem bereut sie ihre Entscheidung, in die Selbstständigkeit zu gehen, keine Sekunde. „Ich war immer schon ein selbstständiger Mensch. Frei zu sein, keinem Rechenschaft ablegen zu müssen, selber entscheiden zu können, reizt mich besonders. Auch wenn es mal schief läuft - da muss man die Schuld bei sich suchen und wenn es gut läuft, kann man stolz auf sich sein. Es war mir schon immer klar, dass ich mal hier enden werde", erzählt sie mit einem Strahlen in den Augen. Als essenziell für Erfolg sieht sie dabei Durchhaltevermögen, Offenheit für Ratschläge, Selbstreflexion, wenn mal etwas schiefläuft, und eine große Portion Neugierde und Freude an der Arbeit. Anderen Frauen, die überlegen, ein eigenes Projekt auf die Beine stellen, rät sie: „Gute Recherche ist immer wichtig. Was macht die Konkurrenz - gibt es das schon? Und dann umsetzen. Pro und Contra abwägen und wenn Pro überwiegt und die eigene Existenz nicht bedroht ist, dann durchziehen." Klare Worte einer jungen Unternehmerin, die in wenigen Monaten ihre Idee zu einem Geschäftsmodell gemacht. Ihre Entscheidungsfreude hat ihr dabei geholfen. Je länger überlegt wird, desto eher passiert es, dass die Sorgen und Ängste überhandnehmen, wie sie selbst reflektiert.
Die Neugier hat sie auch dazu bewegt, dass sie in Zukunft einerseits selbst bei externen kulinarischen Events dabei sein wird, andererseits auch eigene Veranstaltungen im Grundbira machen will. Welche Ideen sie noch haben wird, wird die Zukunft zeigen. An Ideen und Motivation fehlt es Katrin Schedler dabei auf keinen Fall.